Liebe Leser,
hiermit beginne ich eine kleine Reisegeschichte, die mich durch die Mark Falkennest bringen wird. Dieser Landstrich im Süden Artharias ist ein etwas bergiger Flecken, schmiegt er sich doch allmählich an die Auskläufer des nahen Gebirges im Osten an. Und doch liegt es noch nahe genug am Meer, um fleißigen Fischern den Zugang zu den dortigen Reichtümern zu gewähren...aber wie immer: Eins nach dem Anderen.
In diesem Sinne...viel Spaß beim Lesen...
"Als Pasion an diesem Abend nach Hause kam, schmerzten ihn die Knochen von dem langen Herumkriechen auf dem Boden. Es war spät geworden, zu spät für seinen Geschmack, und die Sonne senkte sich bereits langsam über den falkonischen Wäldern im Westen, und nur vereinzelte Strahlen erlaubten sich noch ein zartes Funkeln auf dem Meer im Süden.
Fisch, schoss es ihm durch den Kopf, und tatsächlich würde wohl ein kleiner Hecht-Happen neue Lebensgeister in ihm wecken, wenn er nur erst die Tagearbeit abgeschlossen haben würde.
Doch erst musste dies erledigt werden.
Er betrat sein Haus, dass er in den letzten Wochen so mühsam erbaut hatte, und wich den schadhaften Stellen im Fußboden aus. Im Atrium war es kühl, der große Innenhof mit dem von Richard Bolitho, einem der beiden Baumeister in Falkenbach, angebrachten Vordach hatte sich standhaft gegen die Hitze des Tages gewehrt, und nun lud der Ort zum Rasten und Speisen ein.
Pasion ließ sich auf einer der hölzernen Bänke nieder, die dort an der Wand lehnten und kramte seinen Beutel hervor.
Darin fand er ein paar Juckbohnen, etwas Aloe Vera, Wurmfarn, Eukalyptus.
Es war ein guter Fang, das durfte er durchaus behaupten, sah man davon ab, dass er sich erst vor kurzem dem Handwerk der Botanik zugewendet hatte.
Morgen würde er wahrscheinlich den Laden von Aidan Pryde aufsuchen, der ein paar Hütten weiter Richtung Süden an der Hauptstraße lag, und dort mit dem gewandten Händler schachern.
Doch das erst morgen.
Er ließ den Beutel auf der Bank liegen und ging noch einmal zum Eingang, kramte in dem kleinen Kasten am Tor und suchte nach Nachrichten, seine Bank betreffend.
Bank durfte man es wohl kaum nennen, denn noch hatte man ihn aufgrund seines eigenen Geldmangels nicht wirklich als Bankier anerkannt, erlaubte man ihm nicht, Rechnungen und Überweisungen zu tätigen.
Was wollte er denn auch schon erwarten: Als Sklave war er geboren worden, in Baridas, südlich des Meeres, und nur seine harte Arbeit als Wasserschöpfer und Glück beim Bewahren seines Sklavensoldes, der Peculien, hatte ihm die Freiheit eingebracht.
Aber Sklaven wissen nicht, wie man mit Geld umgeht, und nun war er selbst hoch verschuldet, sein Haus zerfiel, und Bankgeschäfte durfte er in dieser Stadt nur tätigen, indem er das Gold von anderen in seinem Panzerschrank verwahrte. Kredite zu geben, durfte er noch lange nicht wagen, hatte er doch kaum Geld dazu, und alles was ihm blieb, waren sein Geschick ihm Sammeln von Wasser und Pflanzen.
Es würde noch dauern, noch lange.
Aber er hatte Freunde hier gefunden, und hier ließ es sich leben.
Die Steuern waren nicht so hoch, die Preise der Baumeister, Läden und Kliniken waren moderat, und eigentlich gab es genug von allem.
Zumindest fast.
Pasions Magen begann zu knurren.
Doch bevor er sich seinen Fisch zubereiten würde, wollte er noch an dem kleinen Schrein beten, den er für Waukeen, die Göttin des Handels, in seinem Haus errichtet hatte.
Morgen würde er wieder sammeln gehen. Morgen würde er wieder Gold verdienen. Und irgendwann würde er Waukeen einen größeren Schrein, einen Tempel errichten. Dann, wenn er selbst ein großer Mann geworden wäre, ein Bankier, und vielleicht auch ein geachtetes Mitglied dieses kleinen Ortes Falkennest.
Aber vielleicht würde er morgen auch erst einmal im Ort spazieren gehen, und sich die Häuser beschauen. Vielleicht brauchte ja jemand die Dienste eines Wasserträgers und bezahlte ihn gut..."