Über Sucht könnte man jetzt ganze Foren volldiskutieren. Erasmus, Luxx und Eternal, aber auch Shini, haben meiner Meinung nach sehr wichtige Punkte angesprochen, zu denen nichts oder nicht viel hinzuzufügen ist. Aber vielleicht hilft hier zur Ergänzung noch eine ganz persönliche Erfahrung/Einschätzung:
Ich spiele jetzt seit Anfang April mit Begeisterung meinen Account Neydhardt. Diese Woche kam ich einen Tag lang nicht ins Internet. Ich habe mich dann dabei erwischt, wie ich eine Viertelstunde lang ununterbrochen versucht habe, ins Internet zu kommen - schließlich musste ich ja einen neuen Arteibsauftrag für meinen Char erstellen und hatte bis zum Wochenende ein gewisses Soll zu bewältigen: Weizen-Bestellungen abarbeiten, Hütte ausbauen, neue Waffe bestellen, Rohstoffe für den nächsten Ausbau des Rathauses wollte ich auch sammeln und zu guter letzt gab es noch "wichtige" Dinge mit anderen Spielern zu klären. Da ist die Zeit reichlich knapp und man muss sie schon effektiv ausnutzen - auf einmal wurde Artharia zum Stress-Faktor.
Aber Moment - Artharia ist ein Spiel: da darf das nicht passieren. Wenn es nicht mehr zur Entspannung dient, sondern man anfängt sich selbst unter Druck zu setzen bestimmte Ziele zu erreichen, ist dieser Freizeitspaß eher schädlich. Wenn man dann noch anfängt, den Zeitplan im realen Leben an den kleinen Kasten (auch ich will mich hier mal nicht auf Computerspiele beschränken, sondern Smartphones und soziale Netzwerke mit einschließen) anzupassen, ist der Bogen überspannt und man sollte sich echt überlegen, ob diese Form Beschäftigung wirklich sinnvoll ist. Was Erasmus vorgeschlagen hat - von Zeit zu Zeit mal bewusst einen oder mehrere Tage komplett ohne die Kiste auskommen - halte ich daher auch für sehr sinnvoll, auch um so an sich selbst mal den Test durchzuführen: wie fühle ich mich in der Zeit, in der ich keinen Zugriff habe? Denke ich dann ständig daran, was ich mache wenn ich wieder online bin? Dann ist das ein echtes Alarmsignal.
Für mich jedenfalls war es an der Zeit, genau das einmal zu machen: ich habe mich von Donnerstag an ganz bewusst bis eben nicht mehr in Artharia eingeloggt. Und habe genau das oben beschriebene festgestellt: Donnerstag habe ich den halben Tag über Artharia nachgegrübelt. Und wenn ich recht überlege, war auch in den Wochen vorher das Spiel irgendwie allgegenwärtig: wenn ich aufgestanden bin, habe ich Weizen geerntet. Wenn ich von der Arbeit kam: gleich wieder neuen einsäen und dann ab aufs Rohstofffeld. Vor dem Schlafengehen noch schnell die Hütte um eine Stufe ausbauen und so weiter und so weiter...
...schon am Freitag, am zweiten Tag Artharia-Abstinenz, merkte ich, dass mir das Spiel langsam anfing komplett egal zu werden - das ist das gesunde Level, wie es sein sollte. Ein Spiel ist ein Spiel ist ein Spiel: wenn ich Zeit habe, spiele ich. Wenn ich keine habe, spiele ich nicht. Und wenn ich nicht spiele, denke ich nicht über das Spielen nach, sondern über das
wirklich wichtige, was ich gerade im realen Leben mache (Anmerkung: Aktivitäts-Abfragen und Aufnahmebedingungen in Allianzen wie "mindestens alle 2 Tage on sein" oder "aktive Teilnahme am Spiel und im Forum" sind der letzte Sch***. Sie zeigen, dass der Betreffende das Spiel schon ein Stück weit zu wichtig nimmt und andere versucht dahingenend zu beeinflussen).
Heute hätte ich dann fast vergessen, mich noch einmal wieder einzuloggen. Ich habe dann aus verschiedenen Gründen beschlossen, nur noch meine Habseligkeiten hier zu verteilen und dann meinen Account zu löschen: zum ersten, um nicht noch einmal unbewusst in diese Situation zu geraten. Zum zweiten, weil ich in meinem Leben jüngst Änderungen vorgenommen habe, die meine Freizeit doch stark reduzieren und mich zwingen gut zu überlegen, wofür ich sie benutze. Und zum dritten: der Vorbildcharakter: ich höre/lese immer wieder Diskussionen über dieses Thema, die keineswegs so sachlich ablaufen wie hier. Der Grundtenor einer zahlenmäßig überlegenen und lautstark vetretenen Gemeinde überzeugter Computerspieler ist da meist: "Sucht? So ein Quatsch" oder "Negative auswirkungen: alles Blödsinn!". Das ist wirklicher Blödsinn. Und am besten kann man das demonstrieren, indem man nicht nur darüber redet, sondern auch mal mit gutem Beispiel vorangeht, besonders damit jüngere und unerfahrenere sehen, dass die unangenehme Entscheidung manchmal die Richtige ist. Jeder sollte für sich von Zeit zu Zeit überlegen, ob und wenn ja wie viel "Virtualität" er wiklich braucht bzw. gut für ihn ist. Und ich habe für mich jetzt entschieden, dass ich erwachsen genug bin, ohne Gesellschaftssimulation auszukommen und mich stattdessen mehr in einer echten Gesellschaft einzubringen.
Abschließend möchte ich mich bei allen Artharianern für die angenehme Zeit hier bedanken und ihnen für die Zukunft alles Gute wünschen. Vielleicht treffen wir uns ja mal in meinem Lieblings-Spiel: das reale Leben ;o)
Gruß,
Ney
P.S.: An alle, die hier bleiben: Ich habe noch eine Hütte Stufe 9 in Vakaa und eine Hütte Stufe 5 in der Stadt am See (144|83) zu verschenken. Wer sie haben möchte, soll mich bitte ingame per PN darüber benachrichtigen
und einen Antrag auf Mitbewohnerschaft in der jeweiligen Hütte stellen - dann kann ich sie nämlich schnell und unkompliziert übergeben. Eine Begründung, warum ich sie unebdingt
dir und keinem anderen geben sollte, erhöht deine Chancen enorm